Seit dem meine ex-verlobte sich von mir getrennt hat, fahren wir mit unserem mittlerweile fast 5 Jährigen Sohn das Wechselmodell.
Zuerst aus eigenem Antrieb. Nach ca. einem Jahr dann schließlich, auf mein drängen hin, mit der Empfehlung vom Jugendamt.
Wir wechseln wöchentlich. Immer am Montag. Da wird der kleine z.B. von mir in den Kindergarten gebracht und von seiner Mutter wieder abgeholt. Zumindest das klappt meist Reibungslos.
Warum dann „Fluch und Segen zugleich“? Das erläutere ich gerne in diesem Artikel. Zuvor möchte ich allerdings noch einmal etwas anmerken:
– Der folgende Artikel spiegelt meine Meinung wieder. Diese ist selbstverständlich subjektiv. Ich selbst versuche allerdings sowohl in diesem Artikel, wie auch allgemein im Leben, die Dinge recht neutral zu betrachten. Leider gelingt einem das nicht immer.
Was ist das Wechselmodell überhaupt?
Für diejenigen die noch nie davon gehört haben, hier einmal der Auszug von Wikipedia:
Als Wechselmodell, Pendelmodell oder Paritätische Doppelresidenz werden Regelungen zur Betreuung gemeinsamer Kinder bezeichnet, wenn diese nach einer Trennung ihrer Eltern in beiden Haushalten maßgeblich betreut werden. Wird das Kind durch die Eltern zu annähernd gleichen Zeitanteilen betreut, erzogen und versorgt, so spricht man auch vom paritätischen Wechselmodell. Beide Elternteile bieten dem Kind ein Zuhause, in dem es sich abwechselnd aufhält.
Wikipedia – Wechselmodell 06.11.2019
Das Wechselmodell wird oft als Alternative zum Residenzmodell betrachtet. Wissenschaftliche Studien zeigen dabei in großer Übereinstimmung die Überlegenheit des Wechselmodells hinsichtlich der kindlichen Lebensqualität. […]
Anstatt das Kind also einem Elternteil „zu zu teilen“ und nur dort einen Lebensmittelpunkt aufbauen zu lassen, sorgen beide Elternteile zu gleichen Teilen für das Kind. Das Kind hat also zwei Lebensmittelpunkte. Einem bei jedem Elternteil. Es gibt wohl auch einige Leute die Tatsächlich eine gemeinsame Wohnung betreiben in der das Kind lebt. Dort wechseln sich dann die Eltern ab. Aber das sind wohl eher Ausnahmen.
Nun also zu dem eigentlichen Thema „Fluch und Segen“. Ich beginne einmal mit dem positiven.
Das macht das Wechselmodell für mich zu einem Segen!
Zeit. Man hat Zeit mit seinem Kind. Ich sehe meinen Sohn 7 Tage am Stück und das nach „nur“ 7 Tagen ohne ihn. Aus der anderen Perspektive: Mein Sohn sieht beide Elternteile regelmäßig für sieben Tage am Stück.
Ich bin so froh das ich ihn nicht nur am Wochenende oder alle 14 Tage am Wochenende sehe. Ebenfalls freue ich mich für Ihn das er sowohl mich als auch seine Mutter um sich hat. Auch wenn da immer eine Woche Pause zwischen liegt, ist dies doch deutlich schöner als ein Elternteil so gut wie gar nicht mehr zu sehen!?
Einfluss. Ich möchte als Elternteil nicht nur am leben meines Kindes teilhaben, nein, ich möchte auch Einfluss darauf nehmen. Und abgesehen davon das ich es sein möchte, der ihm den ein oder anderen Schabernack beibringt, möchte ich natürlich Einfluss auf die Erziehung nehmen. Ich habe ein bestimmtes Bild von „wohlerzogenen“ Menschen im Kopf. Werte die meiner Meinung nach einen „guten“ Menschen ausmachen. Und ich würde gerne mit der Erziehung, oder einfach mit meiner Anwesenheit, versuchen Einfluss darauf zunehmen in welche Richtung sich mein Kind entwickelt.
Normalität. Ja, unter „normal“ verstehe ich in dem Zusammenhang eigentlich auch etwas anderes. Allerdings vermittelt es einem das Gefühl von Normalität wenn das Kind eine Woche am Stück da ist. Es ist normal jeden morgen aufzustehen und den kleinen zu wecken. Ebenfalls normal ist es, jeden Tag aufs neue die gleichen Diskussionen mit seinem Sohn zu führen. Es ist auch normal das ein wenig Chaos herrscht. Den ersten Tag in der „Kind freien Woche“ ist es erst wieder ungewohnt. Aber lieber „eine halbe Routine“ als gar keine Routine mit dem eigenen Kind.
Das Wechselmodell – die Kehrseite
Ja es gibt eine Kehrseite bei dem Wechselmodell.
Umgewöhnung. Am Anfang fiel es unserem Sohn sehr schwer sich an das Wechselmodell zu gewöhnen. Man merkte das er das ganze nicht wirklich versteht. Ich denke einfach mal das Trennungen immer schwer für die Kinder sind. Ich hatte das Gefühl das mein Sohn die ersten Monate immer erst 3-4 Tage brauchte um sich um zu gewöhnen. Dieses Gefühl wurde mir auch immer wieder von außenstehenden bestätigt. Er war deutlich schüchterne und zurückhaltender am Anfang der Woche. Es zerreist einem das Herz, wenn man am Freitag von seinem Kind endlich das Gefühl von Normalität vermittelt bekommt, kurz bevor er sich wieder umgewöhnen muss.
Absprachen. Ja Absprachen. Natürlich nicht mit meinem Kleinen. Sondern mit der Mutter. Es ist etwas anderes wenn das Kind nur am Wochenende oder jede zweite Woche am Wochenende zu einem kommt. Aber wenn wirklich jede Woche gewechselt wird, sollte es Absprachen für die alltäglichsten Dinge geben. Informations-Zettel aus dem Kindergarten. Anmeldungen in Vereinen. Termine für Ärzte oder dergleichen. Und auch Verabredungen zum Spielen. Geburtstagseinladungen. Das sind alles Dinge die Abgesprochen werden müssen. Wie werden solche Termine gelegt. Er wurde von XY zum Geburtstag eingeladen. Ohne solche Informationen geht einiges Schief. Und es wird alles viel komplizierter als man denkt.
Und ja, bei uns ist viel schiefgegangen und geht auch immer noch schief. Leider ziehen wir anscheinend nicht immer an einem Strang. So wurde mein Sohn einfach ohne mein Einverständnis und ohne mich darüber zu informieren umgemeldet. Dies erfuhr ich dann erst im Nachhinein vom Jugendamt. Man fühlt sich schlecht, ist peinlich berührt und man schämt sich. Wie konnte man solche Dinge nicht mitbekommen?
Fazit
Mittlerweile hat es sich bei mir und meiner Freundin recht gut eingependelt. Und wir kommen irgendwie klar damit das nötigste mit meiner Ex abzusprechen. Unsere Situation wurde letztens auf Grund des Wechselmodells als „Teilzeit-Eltern“ bezeichnet. Und dem Stimme ich ganz und gar nicht zu. Das Wechselmodell ist, zumindest für mich, die beste Variante so nah wie möglich an die vermeintliche „Normal-Situation“ heran zu kommen. Und, zumindest ich für meinen Teil finde, man kann nicht nur ein Teilzeit-Vater sein. Entweder ist man Vater oder man ist es nicht. Das beste aus der Situation zu machen ist das Ziel dem man nachgehen sollte. Leider gibt es dafür kein Patent-Rezept doch ich gebe mein bestes.
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